Gegen einen christlichen Prediger aus dem Groningener Middelstum wurde am Dienstag vor dem Gericht in Groningen eine sechsjährige Haftstrafe wegen jahrelangem sexuellem Missbrauch einer jungen Frau gefordert. Der Prediger Jan Willem M. (54) soll zwischen 1999 und 2010 sexuelle Handlungen mit der Frau in Middelstum und im Gelderse Well vorgenommen haben.
Laut Staatsanwalt hatte M. damals eine leitende Rolle innerhalb der Erweckungsbewegung Kwa Sizabantu Mission (KSB), die ihre Wurzeln in Südafrika hat. Der Staatsanwalt wirft M. vor, die Frau gedrängt zu haben, über die sexuelle Beziehung zu schweigen. M. soll ihr gesagt haben, dass Gott ihm seine Sünden vergeben habe.
Das vermeintliche Opfer, ebenfalls Mitglied der KSB, zog im Alter von 16 Jahren bei Jan Willem M. und dessen Frau in Middelstum ein und war mehr oder weniger ihre Pflegetochter. Sie behauptet, dass der Missbrauch begann, als sie 16 Jahre alt war. M. hingegen erklärte, dass die außereheliche sexuelle Beziehung begann, als die Frau 18 Jahre alt war.
Der Prediger bedauerte es am Dienstag sehr, dass er jahrelang eine außereheliche Beziehung mit der Frau hatte, die 13 Jahre jünger ist als er. „Das war sündig.“ M. hielt in der Vergangenheit Vorträge für unter anderem die Organisation „Wahre Liebe wartet“, die Jugendliche zur sexuellen Reinheit vor der Ehe ermutigt.
Die Frau erstattete 2017 Anzeige gegen M. Der Ankläger nannte diese „glaubwürdig“. Bei ihr wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Am Dienstag traute sie sich nicht zur Verhandlung. Eine andere Person las ihre Opfererklärung vor. Die Frau erklärte, sie fühle sich „leer und benutzt“ wegen des Missbrauchs durch M. Sie überlegte mehrmals, sich das Leben zu nehmen, sagte sie. Das vermeintliche Opfer erklärte, dass M. sie „vollständig in seiner erdrückenden Gewalt hatte, auch im religiösen Bereich.“ M. war laut ihr ihr sogenannter Seelsorger, innerhalb der KSB eine übliche „Funktion“. „Jedes Wort, jeder sündige Gedanke musste ich ihm beichten.“ Die Frau nannte die KSB eine „Sekte“ und fordert eine Entschädigung von 50.000 Euro.
M. selbst erklärt, dass in der Beziehung zur Frau Gleichwertigkeit und gegenseitige Liebe bestanden. Er bot der Frau nach eigenen Angaben ein offenes Ohr, zum Beispiel als es ihrem Vater schlecht ging. Die Anwältin von M., Frau I.E. Leenhouwers, plädierte auf Freispruch. Sie wies darauf hin, dass M. „entschieden“ bestreitet, der Seelsorger der Frau gewesen zu sein. Dennoch hätten die beiden „Trost“ bei einander gesucht. Leenhouwers widersprach auch der Behauptung, dass KSB eine Sekte sei. Außerdem habe M. keine große Rolle innerhalb der KSB gehabt, sagte sie.
M. ist heutzutage im Christlichen Zentrum De Cederborg in Middelstum aktiv. Diese Organisation gibt an, das „Evangelium von Jesus Christus“ als Grundlage zu haben. Der Ankläger äußerte die Befürchtung, dass M. in seiner aktuellen Rolle als „Prominenter“ innerhalb dieses Zentrums sich wieder fehlverhalten könnte. Der Sprecher Oetze Deelstra der Protestantischen Kirche in den Niederlanden bestätigte auf Nachfrage, dass M. früher in der PKN tätig war. Im neuesten gedruckten Jahrbuch der PKN (2020-2021) wird M. noch als Proponent aufgeführt. Der Sprecher sagte, aus Datenschutzgründen könne er darauf nicht weiter eingehen.
Das Urteil wird am 27. August verkündet.
Johannes Visscher, Reformatorisch Dagblatt (Artikel von 16. Juli 2024)