Die gute Nachricht zuerst: Die Unterlagen der CRL-Kommission sind da! Die schlechte Nachricht: sie bestehen aus fünf Ringbüchern und vier kleinen Büroordnern, in denen sowohl organisatorisch als auch formal und inhaltlich ein wildes Durcheinander herrscht. Nach Durchsicht des Materials scheint klar zu sein: aus solchem Papier-Müll war kein kompetenter Bericht über die schweren Missstände auf der Mission KwaSizabantu zu erstellen. Und nun?
Um es noch einmal zusammenzufassen: Die CRL-Kommission brauchte fast drei Jahre für sogenannte Untersuchungen über die Missbrauchsvorwürfe auf der Mission in Natal. Sie verzögerte ständig die Anhörungen und verschob die Veröffentlichung ihres Abschlussberichts mehrfach mit windigen Ausreden. Schließlich präsentierte sie ihn erst, kurz bevor sie vom High Court von Gauteng in Pretoria dazu verdonnert worden wäre. Der Bericht war dann ein dilettantisch zusammengeschustertes Konglomerat, das die zahlreichen Zeugen des Missbrauchs völlig außer Acht ließ und auf mysteriöse Weise zu dem Schluss kam, dass keine Feststellungen zu diesen groben Exzessen getroffen werden konnten, da die Skandal-Mission jegliches Fehlverhalten leugnete.
Seitdem bemühte sich eine Gruppe von Zeugen der üblen Praktiken auf KSB, die im Laufe der Untersuchungen der CRL-Kommission angefertigten Unterlagen zu sichten, um den Abschlussbericht annullieren zu lassen. Die Kommission jedoch legte sich quer. Sie ging dabei sogar soweit, einen Beschluss der Richter in Pretoria zur Herausgabe der Dokumente nicht zu befolgen, was ihr eine Strafanzeige wegen Missachtung des Gerichts einbrachte. Von März bis Ende Mai 2024 ging das unwürdige Spiel der Kommission um Prof. Mosoma weiter – bis der High Court schließlich auf einen Eilantrag der Zeugen hin die Herausgabe in schärferer Form anordnete. Diesmal drohte der Kommission, dass ein Gerichtsvollzieher persönlich die Unterlagen in Beschlag nimmt.
Nun wirkte die richterliche Entscheidung. Die Anwälte der Kläger gegen die CRL – darunter die ehemaligen KSB-Mitarbeiter Koos Greeff und Peet Botha – hatten die Papiere allerdings kaum erhalten, da stellten sie fest: es handelte sich um einen völlig unsortierten Haufen Papier. In einer sofortigen Antwort der Juristen an die Kommission hieß es dann unter anderem: „Die Abschrift – wenn das das richtige Wort ist – der Aussagen einiger Zeugen ist völlig inakzeptabel. Sie ist unvollständig, keine Frage an einen Zeugen wurde niedergeschrieben; die Niederschrift ist nicht paginiert und die Zeilen sind nicht nummeriert; der Inhalt springt unlogisch zwischen Zeugen hin und her, von denen viele nicht identifiziert sind, und die Aufzeichnung ist unvollständig.“ Kurz darauf gab die CRL dann auf Nachfrage auch noch zu, dass sie über keinerlei Aufzeichnungen über interne Sitzungen, keine Korrespondenz, keine E-Mails oder Notizen zur Erstellung ihres Abschlussberichtes über den Missions-Skandal verfüge.
In einer eidesstattlichen Erklärung eines der Zeugen gegen KwaSizabantu, die jetzt dem Gericht in Pretoria vorliegt, wird die chaotische Arbeitsweise der CRL und das Erscheinungsbild des nun gelieferten Aktenmülls der Kommission anschaulich geschildert. Darin heißt es: „Die den Anwaltskanzleien der Antragsteller übergebenen Unterlagen bestehen aus insgesamt 9 Akten, 5 Ringbüchern und vier kleinen Büroordnern. Ich habe jede einzelne dieser Akten und Ringbücher persönlich in Augenschein genommen und kann bezeugen, in welch beklagenswertem Zustand sie abgeliefert wurden. Keine einzige Akte ist indexiert, keine Akte ist konsequent paginiert, und in weiten Teilen der Protokolle fehlen Angaben zu den Teilnehmern der Anhörungen. Mehrere Zeugenaussagen wurden nicht vollständig übertragen, und Zeugen und andere Personen, die sich an der Beweisführung oder Diskussion beteiligen, werden als “Teilnehmer eins” oder “Teilnehmer zwei” und so weiter bezeichnet. Es gibt mindestens fünfundzwanzig Duplikate von übertragenen Beweisen und Dokumenten. Keines davon ist chronologisch geordnet, und viele enthalten abgeschnittene Teile von Beweisen oder Diskussionen, die schwer zu entziffern und zu verfolgen sind. Einige Seiten sind so oberflächlich abgetippt worden, dass sie kaum lesbar sind. Es gibt keine logische Reihenfolge in diesen Präsentationen. Keine der Akten wurde nummeriert, und nur wenige Teile der Beweismittel wurden mit Datum oder Nummer gekennzeichnet.“
Die Kläger machen nun geltend, dass die für das Verfahren zur Aufhebung des Abschlussberichts des CRL relevanten Teile nicht in dem Sinne identifizierbar sind, wie es ein ordnungsgemäßes Verfahrensprotokoll hätte sein müssen. Aus diesem Grund haben die Antragsteller von den Kopien Gebrauch gemacht, die ihren Prozessbevollmächtigten zur Verfügung gestellt wurden, und haben aus den Kopien, die sich in ihrem eigenen Besitz befinden, alle zusätzlichen Beweise entnommen, die sie dem Gericht zur Unterstützung des Antrags auf Überprüfung des von der Kommission herausgegebenen Berichts vorlegen möchten.
Abseits aller juristischen Fragen stehen die Beobachter der Szene vor dem Rätsel, wie und auf welche Weise der dürftige Abschlussbericht der CRL-Kommission überhaupt zustande gekommen ist. Bislang lässt sich kaum ein Zusammenhang zwischen den Unterlagen und dem Abschlussbericht erkennen. Die Empfehlungen des CRL-Schlussberichts zu den Untersuchungen als zusammenfassende Schlussfolgerung sind jedenfalls so dürftig, dass keine Sitzungen, Anhörungen, Fernsehauftritte oder ähnliches notwendig gewesen wären. Ebenso wenig wie neun chaotisch geordnete Akten. Also: wozu das Ganze?
Wie es scheint, wird der Missbrauchsskandal der Mission KwaSizabantu immer mehr zu einem Desaster für ein Organ der Republik Südafrika. Die CRL-Kommission, die niemand zur Teilnahme an der Aufarbeitung der Missstände in der Mission KwaSizabantu gerufen hatte und die sich ungefragt in das Zentrum der Affäre drängte, sie hat sich durch wiederholt schlampige Verfahrensweise in einer bitterernsten Menschenrechtsaffäre in einer der größten Missionsstationen des Kontinents bis auf die Knochen blamiert. Die Allüren, die sie dabei an den Tag legte, waren dabei ebenso auffallend wie ihr Dilettantismus. In keiner Phase des gesamten Verfahrens hat die CRL-Kommission auch nur annähernd eine Haltung eingenommen, wie sie der Würde einer verfassungsmäßigen Institution entspricht, die den südafrikanischen Staat repräsentiert.
Die Kommission, die inzwischen ihre früheren Anwälte durch neue ersetzt hat, kann nun eine Klageerwiderung einreichen. Sobald – und wenn(!) – dieser Schriftsatz eingereicht wurde, können die Kläger, d.h. die Zeugen gegen KwaSizabantu, dem Gericht eine Erwiderung darauf vorlegen. Danach werden schriftliche Argumente folgen. Im September schließlich könnte das Gericht eine endgültige Entscheidung darüber treffen, ob der Bericht des Verfassungsorgans CRL für nichtig erklärt werden sollte.