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Vorwürfe gegen Privatschule

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Freitag, 7. Juli 2006

Umstrittene Privatschule einer Freikirche in Kaltbrunn mit Bewilligung des Kantons St. Gallen
kaltbrunn. In der mit der fundamentalistischen Freikirche Kwasizabantu verbundenen Privatschule Domino Servite in Kaltbrunn herrsche Psychoterror, erzählen Ehemalige. Dem Kanton sind die Vorwürfe seit 2004 im Detail bekannt. Eine Bewilligung gab es trotzdem.

andreas kneubühler
Ende Juni veröffentlichte der Sektenspezialist Hugo Stamm im «Tages-Anzeiger» einen Artikel über das fundamentalistische Missionswerk Kwasizabantu (KSB) in Kaltbrunn. Ehemalige KSB-Mitglieder schilderten ein Klima, geprägt von Frömmigkeit und Unterdrückung, berichteten von Bespitzelungen und Psychoterror, die sich gegen alle richten, die eine abweichende Meinung vertreten. Auf dem Grundstück der Freikirche befindet sich auch die Privatschule Domino Servite Hof Oberkirch. Auch in dieser Schule herrsche biblische Zucht und Ordnung, schreibt Stamm. Bis vor wenigen Jahren hätten Körperstrafen zum Schulalltag gehört.

Domino Servite ist vom Kanton St. Gallen seit 1997 bewilligt, für das Internat gilt dies seit November 2004.
Behörden hinters Licht geführt?

Als Ende der 90er-Jahre Geschichten über körperliche Züchtigungen kursierten, intervenierte der Kanton, die Schule behielt aber ihre Bewilligung. Ist damit alles in Ordnung? Ehemalige KSB-Mitglieder kritisieren, dass die Behörden systematisch hinters Licht geführt würden. Bei den Besuchen der Schulbehörden werde jeweils alles vorbereitet und herausgeputzt, der Schulinspektor werde von singenden Kindern empfangen. Es gebe zwar keine Schläge mehr, dafür würden andere Methoden angewandt, die schlimmer seien, weil sie seelische Schäden anrichteten, lautet der Vorwurf. Zudem unterrichteten weiterhin Lehrkräfte ohne gültige Patente, versichert ein früheres Mitglied der Freikirche und nennt eine Reihe von Namen.

Jeans verboten
In Hof Oberkirch tragen die Mädchen lange Röcke, Jeans sind verboten. Nach den Schilderungen von drei ehemaligen KSB-Mitgliedern ist der Schulalltag geprägt durch eine fundamentalistische Bibelauslegung. Alles was in Richtung zwischengeschlechtlicher Zuneigung gehe, werde rigoros unterdrückt. Da genügten ein Blickkontakt, ein Gespräch, ein Brief, und die darauffolgende Denunziation und die «Verfehlung» müsse zugegeben, bereut und gebüsst werden. Bereits siebenjährige Kinder würden separiert und bearbeitet, bis sie von ihren angeblichen Fehlern berichteten. Von den Eltern erhielten die Kinder keine Unterstützung, diese seien in der Regel Mitglieder der Freikirche.

Enormer Druck
Die Folge sei ein alles umfassender Druck, der sich bis zu Psychoterror entwickeln könne. Wer nicht spure, müsse damit rechnen, zur Disziplinierung nach Südafrika, dem Gründungsort der Freikirche, geschickt zu werden.
Letzteres bestätigt ein Betroffener, ein fünfzehnjähriger Schüler, der 2006 drei Monate nach Südafrika verbannt wurde. Dort habe er jeden Tag auf den Feldern des Missionswerkes arbeiten müssen. Er sei immer wieder bearbeitet worden, seine Verfehlungen einzugestehen, berichtet er. Ihm sei gesagt worden, er sei eine Schande für seine Eltern. Der Grund für die Strafaktion: Er habe eine Freundin, sagt der Jugendliche.
Über die Vorwürfe wurde der Kanton 2004 informiert. Ein ausgestiegenes Mitglied schilderte dem Erziehungsrat Josef Hoppler und einer Mitarbeiterin des Amtes für Volksschule minutiös, mit welchen Methoden die Kinder unter Druck gesetzt werden. Die Aussagen wurden im Juni 2004 protokolliert. Nach dem Treffen hörte das Mitglied nichts mehr vom Erziehungsdepartement. Im November 2004 sprach dann der Erziehungsrat die definitive Bewilligung für das Internat aus.
Wieso wurde den Aussagen keine Beachtung geschenkt? «Uns fehlen die Beweise», argumentiert Felix Baumer, Leiter des Amtes für Volksschule. Die Vorwürfe würden von der Schule bestritten. «Aussage steht gegen Aussage». Der Kanton könne nur reagieren, wenn die Vorwürfe hieb- und stichfest seien. Es bräuchte die Erklärungen mehrerer Eltern zu aktuellen Vorkommnissen, damit der Kanton aktiv werden könne, so Baumer. Dass dies im Umfeld einer fundamentalistischen Freikirche eine äusserst hohe Hürde bedeutet, sei ihm bewusst. Es sei «eine absolut unbefriedigende Situation». Regelmässige Visitation
Zu den Vorwürfen befragt, ging Jürg Schuppli, Schulleiter von Domino Servite, nicht auf die einzelnen Punkte ein. Domino Servite sei eine staatlich bewilligte, überkonfessionelle, christliche Privatschule. «Wir halten uns an die gesetzlichen Richtlinien des Kantons», betont Schuppli. Die Schule werde regelmässig von den Behörden visitiert. «Die Schülerschaft kann dabei ohne Anwesenheit der Betreuungspersonen befragt werden.»
Der Kanton hat wie bei anderen Internaten eine unabhängige, externe Aufsichtsperson bestimmt. Für Domino Servite ist der Kaltbrunner Schulratspräsident Ernst Räber zuständig. Drei- bis viermal jährlich besuche er die Schule, auch unangemeldet, sagt Räber. Die Schülerinnen und Schüler wüssten, dass sie sich jederzeit an ihn wenden könnten. Wurde er schon einmal kontaktiert? «Noch nie», sagt Räber. Wundert ihn das nicht, schliesslich gibt es an jedem Schulinternat irgendwann Knatsch? «Es sind halt andere Leute», so Räber.
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