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Kinder unter psychischem Druck oder nicht?

Die Südostschweiz 20. Februar

Ende September 2006 reichte SP-Kantonsrätin Daniela Colombo, Rapperswil-Jona, eine Interpellation zur umstrittenen Privatschule Domino Servite in Kaltbrunn ein. Die Antwort steht immer noch aus. Und das hat seinen Grund.

Von Sibylle Speiser

St. Gallen. — In der Regel würden Interpellationen von der Regierung möglichst bis zur darauf folgenden Session beantwortet, bestätigt Felix Baumer, Leiter des kantonalen Amtes für Volksschule, auf Anfrage. Schon viel länger wartet aber die Rapperswil-Joner SP-Kantonsrätin Daniela Colombo auf eine Antwort. In der vergangenen September-Session reichte sie zusammen mit 41 Mit- unterzeichnenden eine einfache Anfrage zur Privatschule in Kaltbrunn ein. Colombo wollte von der Regierung unter anderem wissen, wie sie zu den massiven Vorwürfen gegen Domino Servite (die «Südostschweiz» berichtete) stehe. Und ob die Regierung Handlungsbedarf erkenne beziehungsweise wie gross der Handlungsspielraum sei, um fundamentalistisch ausgerichteten Privatschulen — wie zum Beispiel Domino Servite — die Bewilligung zu entziehen.

«Weitere Abklärungen nötig»

Der Grund dafür, dass bis jetzt noch keine Antwort vorliegt, sind gemäss Baumer weitere Abklärungen. Denn die in der Interpellation angeführten Vorwürfe zeigten nach Ansicht des Erziehungsdepartementes (ED) keinen neuen Handlungsbedarf auf, da sich die Vorwürfe auf die Zeit vor der Internatsblligung.im Jahr 2004bezzögen. Die den Fall betreffenden Unterlagen seien nun dem SP-Fraktionspräsidium zur Einsicht zugeleitet worden. „(Zusammen mit den Interpellanten klären wir die Möglichkeit detaillierterer Informationen zuhanden der Regierung ab.»
In ihrer Interpellation verweist Colombo auf den Sektenspezialisten Hugo Stamm, der 2006 einen Artikel über das «fundamentalistische Missionswerk Kwasizabantu und die damit verbundene Privatschule Domino Servite verfasst habe. «Ehemalige Sektenmitglieder schildern ein Klima von Frömmigkeit und Unterdrückung, von Bespitzelung und Psychoterror», schreibt Colombo.
«Das Problem ist, dass es sich bei den meisten Aussagen ehemaliger Schülerinnen und Schüler gegen Domino Servite um Vorwürfe handelt, die der heutigen Schulleitung nicht gemacht werden können», hält Baumer fest. Seit der 2004 erteilten — «vorher genau geprüften» — Bewilligung hätten bis heute keine negativen Vorkommnisse mehr festgestellt werden können. «Im Vergleich zu früher scheint sich bei der Schule ein Trend zum Positiven abzuzeichnen. Die aktuelle Schulleitung ist jedenfalls offener als die ehemalige.»
Viele der aktuell erbrachten Vorwürfe stammten aus dem Internet. „(Diese Texte sind zum Teil undatiert und die Aussagen sind nicht belegt.» Einen angeführten Fall aus der Gegenwart, bei dem ein Schüler ausgeschlossen und von den Eltern nach Südafrika geschickt worden sei, habe die regionale Schulaufsicht untersucht. Fazit: «Es ist nicht ungewöhnlich, wenn eine Schule einen Schüler aus disziplinarischen Gründen ausschliesst. Und es steht Eltern frei, ihr Kind anschliessend ins Ausland zu schicken»,so Baumer. Dass Südafrika gleichzeitig der Sitz der Sekte Kwasizabantu sei, mit der die Schule zu tun habe, stehe auf einem anderen Blatt und biete dem ED rechtlich keinen Anhaltspunkt.

«Die Regierung kann sich bei ihrer Beurteilung nur auf Fakten und nicht auf Vermutungen abstützen. Und die Faktenlage ist zu dünn», bringt es auf den Punkt. Im Übrigen habe die Schule Anrecht auf ein faires Verfahren, das bedeute, es dürfe keine Vorverurteilung stattfinden.

«Die Schule schliessen»

«Für uns ist das Thema auf jeden Fall nicht abgeschlossen», sagt SP-Fraktionspräsident Fredy Fässler zur Lage der Dinge in Sachen Interpellation. «Wir finden es nach wie vor notwendig, die Schule zu schliessen.» Die Beweislage zu Lasten der Schule müsse allerdings noch genauer angeschaut werden, sagt auch er. Fässler verweist auf einen Artikel in der neuesten Ausgabe der SP-Zeitung «Links». In dem Text wird dem ED zu wenig Aktivität im Vorgehen „(gegen Privatschulen im Umfeld von fragwürdigen Freikirchen» vorgeworfen. Und es wird darauf hingewiesen, dass ein aussenstehender Rechtsanwalt vom ED mit zusätzlichen Abklärungen beauftragt worden sei, weil die Beweise gegen Domino Servite angeblich einmal mehr nicht ausreichten.
Gemäss Baumer wird die Antwort auf die Interpellation nun voraussichtlich bis zur Mai-Session erfolgen.