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Zweifel an der CRL-Kommission

Von Transparenz und Professionalität kann keine Rede sein / Angeblich soll es im März im Fall Kwasizabantu endlich weitergehen – doch wer mag daran noch glauben?

Als im September des Jahres 2020 die Nachrichtenplattform News 24 in Südafrika eine große Serie über Gewalt, Missbrauch und Vergewaltigungen in der Mission Kwasizabantu startete, war das Entsetzen groß. Die geschilderten Fälle auf dem Gelände der Mission in den Hügeln von KwaZulu-Natal riefen im ganzen Land heftige Reaktionen hervor. Fernsehsender, Radiostationen und Zeitungen im ganzen Land stiegen in das Thema ein, Interviews und große Reportagen erschienen. Dann trat die CRL-Kommission auf den Plan, eine Kommission für die Förderung und den Schutz der Rechte kultureller, religiöser und sprachlicher Gemeinschaften (CRL Rights Commission) .

Inmitten der Aufregung um die Skandal-Mission nutzte die Kommission nun die Gunst der Stunde, um sich selbst im Rampenlicht der Öffentlichkeit ausgiebig zu präsentieren. Mal befragten die Kommissionsmitglieder Zeugen vor laufenden Fernsehkameras über Missstände auf der KSB-Mission, mal wurden Zusammenfassungen ihrer Anhörungen in den Hauptnachrichten der TV-Kanäle gesendet, dann wieder berichteten Korrespondenten in Tages- und Wochenblättern – Kwasizabantu, die furchtbaren Erlebnisse seiner ehemaligen Mitglieder und natürlich die CRL-Kommission waren das Top-Thema. Allerdings: der Hype war auch bald wieder vorbei. Während die Berichterstattung in den Medien über KSB insgesamt an Fahrt verlor, war plötzlich ab November 2020, nur ein paar Wochen nach Beginn der Untersuchungen, von der so umtriebigen CRL-Kommission nichts mehr zu sehen und zu hören.

Und erst recht nichts zu lesen. Denn immer wieder wurden schriftliche Anfragen an die Kommission gerichtet, wann es denn nun weitergehe mit den Untersuchungen, ob überhaupt noch etwas geschehe oder warum das Schweigen der Kommission so lange andauere – zu einer konkreten Antwort war die Kommission nicht fähig.

Wer immer auch versuchte, irgendeine Information über das plötzliche Abtauchen der Kommission zu erhalten, erntete Schweigen. „Ich habe eine Reihe von E-Mails an sie verschickt und nie eine Bestätigung erhalten“, sagt ein von der Kommission als Zeuge Gehörter und ergänzt kopfschüttelnd, „aber ich habe später eine Rückmeldung erhalten, dass sie meine Mails gelesen haben“. Eine Zeugin bei den Anhörungen erlebte, wie sie sagt, „ziemlich genau dasselbe.“ Ein weiterer in die Untersuchungen Involvierter hat auch immer wieder nachgefragt, was denn jetzt Sache sei. Ein erstes Schreiben drei Monate nach der letzten CRL-Anhörung blieb unbeantwortet, auf ein zweites im Februar antwortete Mpiyakhe Mkholo, Senior Manager Communication der Kommission, im März oder April würden die Untersuchungen voraussichtlich weitergehen. Das war eine Falschinformation, denn es gab keine weiteren Untersuchungen. Die nächste Nachfrage im Juli blieb wieder vergeblich, eine weitere Ende November wurde von Mr. Mkholo abermals nicht beantwortet. Dann, Überraschung, gab der CRL-Communication-Manager auf eine neue Mail Ende Januar den Bescheid, der Fragesteller werde in der folgenden Woche eine ausführliche Antwort erhalten. Auf die wartet der allerdings heute noch. Eine E-Mail an Herrn Mkholo machte deutlich, dass die CRL-Kommission durch ihre Untätigkeit bereits viel Vertrauen verspielt hat. “Ich verstehe”, schrieb ihm ein ehemaliger KSB-Funktionär, “dass unter den Missbrauchsopfern inzwischen der dringende Verdacht besteht, dass Kwasizabantu seine Verbindungen als finanzkräftiges Unternehmen hinter dem Vorhang nutzt, um die CRL-Kommission zu beeinflussen und eine für Kwasizabantu negative Bewertung der Missbrauchsvorwürfe mit allen Mitteln zu verhindern.” Auch diese E-Mail ließ Herrn Mkholo kalt – und blieb unbeantwortet. Ein ehemaliger KSB-Mitarbeiter winkt frustriert ab: „Meiner Meinung nach wird es keinen Bericht geben. Die gesamte Untersuchung der Kommission scheint abgebrochen worden zu sein. Seit November 2020 gab es keine Informationen mehr, und es wurde auch nicht mehr an der Untersuchung gearbeitet. Für mich ist es klar – die Kommission ist Geschichte, schlechte Geschichte! “

Gleichwohl, auch das Medieninteresse am Fortgang der KSB-Story sank rapide, Presse, Rundfunk und Fernsehen ließen die CRL-Kommission in Ruhe anstatt nachzuhaken. War die lähmende Untätigkeit der Kommission, die sich zum Höhepunkt des KSB-Skandals noch so gerne in den Scheinwerfern der TV-Sendern sonnte, etwa kein Thema? Schriftliche Nachfrage bei Chefredakteur Aadrian Basson von News 24 Mitte November:

„Stories über Opfer von Missbrauch zu schreiben, ist nicht die große Kunst des Journalismus. Die Kunst ist investigativer Journalismus, und das ist es, was eine Demokratie braucht. Und so beginnt hier in der Angelegenheit Kwasizabantu meines Erachtens erst die tatsächliche journalistische Arbeit: die Kontrolle der Institutionen und damit der CRL-Kommission durch Journalisten. Das Thema ist ja inzwischen nicht mehr nur Kwasizabantu und seine Opfer – das Thema ist doch inzwischen auch das offensichtliche Versagen einer Institution… Meine Bitte an Sie: Sorgen Sie dafür, dass diesen gequälten Kreaturen die Enttäuschung erspart wird, dass nach dem hoffnungsvollen Beginn der Aufklärung über die kriminellen Machenschaften der „Mission des Horrors“ nun nicht alles im Sand verläuft.“ Auch dieser Brief wurde nicht beantwortet, Schweigen im Walde auch bei der Presse.

Gleichwohl, eine einzige Person hielt das Thema auch während des Jahres 2021 in Südafrika am Laufen: Erika Bornman. Sie schrieb ein Buch, „Mission of Malice”, übersetzt: Mission der Bosheit. Darin schildert Erika ihren Leidensweg in Kwasizabantu (siehe auch: https://ksb-alert.com/2001/07/) und ihre Entwicklung von einem ängstlichen jungen Mädchen zu einer kämpferischen Aktivistin, die entschlossen ist, alles zu tun, um künftige Generationen vor solchen Erlebnissen zu bewahren und persönliche Erlösung und Selbstakzeptanz zu finden. Das Buch wurde innerhalb weniger Wochen zum Bestseller, Erika konnte sich vor Presseanfragen und TV-Interviews kaum noch retten. Noch immer erhält sie Einladungen zu Mediengesprächen, in denen sie ausführlich Rede und Antwort steht über ihre Vergangenheit mit der „Mission of Malice“.

Immerhin jetzt, Mitte Februar 2022, kommt in Südafrika vielleicht doch wieder etwas Bewegung ins Spiel. News 24 nämlich berichtet über den Ausstieg der Schweizer KSB-Zweigstelle aus der Mission und kommt dann im Laufe des Berichtes endlich auch auf die schweigsame CRL-Kommission.

News 24 berichtet am 14. Februar: „Der Schweizer Zweig von KwaSizabantu hat der in Ungnade gefallenen Missionsstation den Rücken gekehrt. Und das, während die südafrikanischen Opfer darauf warten, sich die Gräuel, die sie dort erlebt haben, von der Seele zu reden. Sie wissen immer noch nicht, wann die Kommission für die Förderung und den Schutz der Rechte kultureller, religiöser und sprachlicher Gemeinschaften (CRL Rights Commission) ihre Zeugenaussagen anhören wird.

Mehr als ein Jahr nach Beginn der Anhörungen zu den erschütternden Vorwürfen gegen eine der größten Missionsstationen des Kontinents ist das Verfahren ins Stocken geraten. Und diejenigen, die den Mut aufgebracht haben, auszusagen und ihre Erfahrungen mit groben Verletzungen ihrer verfassungsmäßig geschützten Rechte mitzuteilen, sagen, dass ihr Vertrauen in den Prozess, der die Mission in KwaZulu-Natal zur Rechenschaft ziehen soll, schwindet.”

 …

Erika Bornman hat ein Buch geschrieben und veröffentlicht, in dem sie ihre Erlebnisse in KwaSizabantu schildert, muss aber noch ihre Version vor dem Gremium vortragen. “Ich habe aufgegeben. Ich glaube nicht mehr, dass sich die südafrikanischen Behörden um irgendetwas oder irgendjemanden scheren, außer um sich selbst”, sagte sie. Bornman hörte das letzte Mal im September 2021 von der Kommission, ein Jahr nach der Untersuchung von News24 über die Mission. Sie wandte sich an die CRL Rights Commission, nachdem ihre Schreiben – eines vom November 2019 und ein weiteres vom März 2020, in denen sie darum bat, dass diejenigen, die ihre Qualen geteilt haben, über alle Fortschritte in der Angelegenheit informiert werden – nicht beantwortet wurden. “Ich finde es sehr beunruhigend, dass es keine Nachsorge für Menschen gibt, die ihr Trauma in ihren Zeugenaussagen vor Ihrer Kommission wiedererleben”, schrieb sie.

Mpiyakhe Mkholo, Sprecher der Kommission, antwortete, dass die Verzögerung durch “einige andere Angelegenheiten, die sich auf den Prozess ausgewirkt haben”, verursacht worden sei, und versprach eine Aktualisierung in den kommenden Wochen.

Bornman hat 71 Eingaben von anderen ehemaligen Mitgliedern zusammengestellt, die sie bei den Anhörungen vortragen will. Aber die Untätigkeit der Kommission würde andere davon abhalten, sich zu äußern, sagte sie. “Sie können sehen, dass sich nichts geändert hat und nichts unternommen wurde. Warum also sollte jemand das Trauma auf sich nehmen, seine Geschichte öffentlich zu erzählen?”

Celimpilo Malinga erzählte während des ersten Teils der Anhörungen ihre verstörende Geschichte. Die Überlebende einer Vergewaltigung sagte gegenüber News24, dass sie sich in der Verhandlungskabine gefühlt habe, als „hätte mich jemand vergewaltigt [und] mich auf dem Bürgersteig liegen lassen, bewusstlos und mit entblößtem Intimbereich”. Sie sei wütend und verletzt, sagte sie. “Ich fühle mich verraten. Irgendwann hatten wir uns damit abgefunden, dass uns niemand glaubte, und machten mit unserem Leben weiter. Dann meldete sich die CRL bei uns”. Malinga verglich das darauffolgende Schweigen und die fehlende Kommunikation mit einem “Ghosting”. “Du schüttest deine Seele so offen aus und denkst, zum ersten Mal in meinem Leben habe ich einen Verbündeten. Ich habe jemanden, der mir glaubt. Man wirft sich ihnen an den Hals, um sie zu umarmen und sich hoffentlich zu rechtfertigen. Und danach schweigen sie einfach.”

Am Mittwoch machte Mkholo Covid-19 für die Verzögerung bei der Wiederaufnahme der Anhörungen verantwortlich. Er sagte, die Auswirkungen der Pandemie hätten “verschiedene persönliche Treffen und Gespräche, die die Kommission mit den Beteiligten führen musste, unterbrochen”.

Auf die Frage, ob diejenigen, die aussagen wollten, und diejenigen, die bereits ausgesagt hatten, über die längere Verzögerung informiert worden seien, sagte er, die Kommission habe alle Teilnehmer darüber informiert, dass der Bericht öffentlich bekannt gegeben werde, sobald er fertiggestellt sei. “Im Moment ist dieser Prozess noch im Gange”.

Er sagte, “die Anhörungen würden im März wieder aufgenommen.“

Soweit News 24 und Mr. Mkholo. Nun wieder ksb-alert:

Auf ihrer Webseite hat die CRL-Kommission beschrieben, welchen Werten sie sich bei der Ausübung ihres Mandats verschrieben hat, und diese Werte sollte man an dieser Stelle einmal aufzählen: Integrität, Transparenz, Rechenschaftspflicht, Professionalität, Unparteilichkeit, Reaktionsfähigkeit, Respekt. Welchen dieser Werte sie beim Umgang mit der Angelegenheit Kwasizabantu bislang tatsächlich beachtet hat, bleibt allerdings das Geheimnis der CRL-Kommission.

Eines ist sicher: wer ihr eine Mail schreibt und danach fragt – er wird darauf keine Antwort bekommen.